Die Angst vor den Fremden - Teil 3

Was kann man gegen individuelle Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung und Gewalt tun?

3.1 Information und Kontakt

Wenn man weiß, dass Fremdheit konstruiert wird, dass unsachgemäße Emotionen auch durch die Medien geschürt werden und dass Unkenntnis eine große Rolle spielt, dann gibt es zwei Ansatzpunkte, um gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen: Information und Kontakt.

 

3.1.1 Information

In der folgenden - auf den ersten Blick sehr verwirrenden - Meta-Analyse wird deutlich, dass Informationsprogramme zum Abbau von Vorurteilen durchaus erfolgreich sind - "effectiveness of information interventions":

Unterschiedliche Informationsmaßnahmen, die über die "fremden" Gruppen informieren, werden untersucht. In der zweiten Spalte wird die s. g. "Effektstärke" dieser Maßnahmen ausgedrückt: Wie erfolgreich wurden Ablehnung und Vorurteile abgebaut? Am erfolgversprechendsten sind:

  • Empathie für das Schicksal der Einwanderer erzeugen - "empathy evoking component"
  • Wissen in Verbindung mit Empathie vermitteln - "knowledge and empathy"
  • Wissen kombiniert mit bestimmten Fähigkeiten vermitteln - "knowlege and skills"

Diese Untersuchungsergebnisse sind von sehr hoher aktueller Brisanz: Überall werden zur Zeit Häuser für Asyl-Bewerber eingerichtet, außerdem werden Informationsveranstaltungen für die Nachbarn angeboten. Dies ist eine positive Entwicklung und solche Veranstaltungen werden erfolgreich sein, wenn dort keine Bedrohungsszenarien aufgebaut werden, sondern wenn vernünftig erklärt wird, warum die Asylsuchenden hier sind. Verständnis für das Schicksal der Flüchtlinge führt in aller Regel zum Abbau von Resentiments.

 

3.1.2 Kontakt

Der zweite Ansatzpunkt, um gegen Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit vorzugehen, ist Kontakt.

Prof. Dr. U. Wagner verdeutlichte dies an einem Zitat von Gordon W. Allport, aus dessen Werk "The Nature of Prejudice". Dieses Buch erschien zu einer Zeit, als Schwarze in Amerika im Bus noch hinten sitzen mussten. Dies war auch die Zeit der Entstehung der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung. G. W. Allport sagte 1954 Folgendes:

Laut G. W. Allport können Vorurteile durch Kontakt abgebaut werde, aber dazu müssen einige Bedingungen erfüllt sein:

  • Kontakt auf gleicher Augenhöhe - "equal status contact"
  • gemeinsame Ziele verfolgen - "pursuit of common goals"
  • institutionelle Unterstützung - "santioned by institutional supports"
  • Kontakt führt optimalerweise zum Erkennen gemeinsamer Interessen und gemeinsamer Menschlichkeit - "leads to the perception of common interests and common humanity"

Besonders in der Schule lassen sich gemeinsame Ziele verfolgen. Mit der Aussage, dass Kontakt dann nützt, wenn wichtige Institutionen ihn unterstützen, sind die politischen Institutionen gemeint: Wenn in Deutschland offiziell eine multi-kulturelle Gesellschaft und Integration gewünscht werden, dann ist Kontakt zwischen unterschiedlichen Gruppen erfolgversprechend.

Auf die Schulen übertragen: Kontakt zwischen unterschiedlichen Gruppen sollte offizielle Schulpolitik sein.

Exkurs: G. W. Allport dachte bei seiner Aussage zur institutionellen Unterstützung an die Nationalgarde, da die Weißen im Süden Amerikas die Schwarzen nicht in die Schulen reinließen. Ihnen sollte Zugang per Gewalt verschafft werden. Noch 1962 konnte sich James Meredith nur mit Hilfe der Nationalgarde an der Universität von Mississippi einschreiben!

Je mehr AusländerInnen - desto weniger Fremdenfeindlichkeit !!!

Einen weiteren Beleg für die Wichtigkeit und Richtigkeit der Forderung nach Kontakt zwischen "fremden" Gruppen liefert die "politische Lieblingsfolie" von Prof. Dr. U. Wagner:

Prof. Dr. U. Wagner hat zusammen mit anderen Wissenschaftlern untersucht, in welcher Beziehung Rassismus/Fremdenfeindlichkeit und Ausländeranteil der regionalen Bevölkerung (Wohnbezirk) stehen.

Es stellte sich heraus, dass Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (die beiden oberen Kurven) abnahmen, wenn der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund an der regionalen Bevölkerung (Prozentanteile unten) zunahmen!

Migration führt also nicht automatisch zu allen möglichen Problemen, wie oft behauptet wird. Im Gegenteil: Diese Ergebnisse stützen die These, dass Kontakt zum Abbau von Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit führt.


3.2 Kooperativer Gruppenunterricht in heterogenen Kleingruppen

Gerade Schulen müssen Kontakt zwischen Gruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft herstellen, wenn es um die Prävention von Vorurteilen und Feindseligkeit geht. Integrierte Beschulung ist dafür Voraussetzung, aber noch nicht ausreichend. Auch innerhalb der Schulen können sich Gruppen "resegregieren", dort die deutschen Jungs, dort die türkischen Mädchen, dort die serbischen Jungs ... die Gruppen trennen sich innerhalb der Schule erneut.

In Amerika und Israel gibt es Programme, die diese "Resegregation" verhindern wollen, durch kooperativen Gruppenunterricht in heterogenen Kleingruppen:

Die Besonderheit dieses kooperativen Gruppenunterrichts ist, dass er in heterogenen Gruppen stattfindet: vier oder fünf SchülerInnen kriegen eine Aufgabe, die sie nur lösen könne, wenn jedes Mitglied der Gruppe seinen Beitrag liefert. Die SchülerInnen sollen z. B. die Biographie einer berühmten Persönlichkeit präsentieren: Kindheit, Schule, Ausbildung ... Jede/r SchülerIn erhält unterschiedliches Material, alle müssen gemeinsam arbeiten, um als Gruppe erfolgreich zu sein.

Innerhalb der Klassen wird so der Kontakt zwischen den unterschiedlichen ethnischen Gruppen gefördert. Untersuchungen zeigen, dass sich die Freundschaften in diesen Gruppen positiv entwickeln und dass das Leistungsniveau bei Minderheiten deutlich gesteigert werden kann. Das erzeugt Stolz und Selbstbewusstsein bei allen Beteiligten. Eine Benachteiligung der "Schlauen" findet nicht statt, auch das zeigen die Studien.

Lektüretipp: Judith Lanphen - Kooperatives Lernen und Integrationsförderung - Verlag Waxmann

3.3 Gesellschaftlicher Kontext - Politik und Medien

Alles, was wir tun, um Ausgrenzung, Diskriminierung und Fremden-feindlichkeit zu bekämpfen, geht nur in einem gesamtgesellschaftlichen Kontext, in dem so etwas auch gewollt, akzeptiert und gefördert wird.

Um nicht nur Ärger und Wut zu schüren, müsste die Berichterstattung aus dem Handelsblatt über die Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren nach Deutschland so lauten:

"Berlin. Die Zuwanderung von Rumänen und Bulgaren nach Deutschland ist zum Jahresanfang um bis zu 80 Prozent gestiegen ... Für die beiden EU-Staaten waren am Jahresanfang die letzten Schranken zum deutschen Arbeitsmarkt gefallen ... Die Zahl der in Deutschland lebenden Bulgaren und Rumänen stieg demnach im Januar um 9.850 Personen." (Handelsblatt - 01.04.2014)

Wir brauchen eine Diskussion über die tatsächlichen (!) Sachverhalte - und keine Schürung von Fremdenfeindlichkeit durch Halbwahrheiten:

  • 80 % Zuwachs - Wahnsinn !
  • 9.850 Personen - Aha !
  • 80.000.000.000 Menschen in Deutschland - Ach so !

"Wir müssen eine politische Diskussion führen, die die Entstehung von Ängsten vermeidet, dann können wir auch durch Informations- und Kontakt-Programme die Beziehungen zwischen den Menschen verbessern."

3.4 Fazit: Interkulturelle Kooperation - wir können gar nicht anders

Die Geburtenziffern in Deutschland zeigen, dass die Bevölkerung Deutschlands immer mehr schrumpft (blaue Linie). Die rote Linie zeigt an, wie die Entwicklung verlaufen müsste, damit Deutschland auch noch in ferner Zukunft belebt sein soll: "In Deutschland gibt es zu wenig Kinder."

Die Alterstruktur der Gesamtbevölkerung Deutschlands zeigt, dass Migration hilft, die demographische Entwicklung in Deutschland aufzufangen.

Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass sich - auf lange Sicht - die Ausgrenzung, Diskriminierung und Fremdenfeindlichkeit legen wird: "Wir können gar nicht anders, als interkulturelle Kooperation zu betreiben."

Dazu brauchen wir eine "interkulturelle Orientierung", wir müssen mehr darüber wissen, wir müssen in der Lage sein, uns in die Kulturen und die Schicksale der MigrantInnen hineinzuversetzen und wir brauchen Kompetenz, um mit Interkulturalität umgehen zu können.

Dazu müssen wir voneinander lernen und dazu brauchen wir Möglichkeiten zum Kontakt. Dieser inter-kulturelle Austausch darf selbstverständlich keine Einbahnstraße sein.

"Es ist kein Opfer, sich auf andere einzulassen, sondern eine Chance!"

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